Rede von Karl Heinz Pasch am 26.04.2018 vor der Landesseniorenvertretung NRW

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Frau Bürgermeisterin Scho-Antwerpes, sehr geehrter Herr Rau, sehr geehrte Frau Landesvorsitzende,

auch im Namen meiner Kollegin Sigrid Buchholz als Ko-Sprecherin der Seniorenvertretung der Stadt Köln begrüße ich Sie recht herzlich in der größten Stadt des Landes NRW. Köln mit einer der ältesten Seniorenvertretungen in NRW, die in diesem Jahr 40 Jahre alt wird, ist stolz auf eine in direkten, freien und geheimen Wahlen zusammengesetzte Seniorenvertretung. Wir die Seniorenvertreter/Innen stellen das demokratische Sprachrohr für mehr als 260.000 Bürger über 60 Jahre dar. Dieses ist Aufgabe und Verpflichtung.

Eigentlich müsste nicht ich hier stehen, sondern der Sprecher der Bezirksseniorenvertretung Mülheim, denn diese ist die eigentliche Gastgeberin dieser Veranstaltung, da die Landesseniorenvertretung in der Stadthalle Mülheim, also im Stadtteil Mülheim stattfindet. Neben Mülheim haben wir in Köln noch 8 andere Bezirksseniorenvertretungen, die jede für sich zwischen 25 und 30 000 Seniorinnen und Senioren vertritt. Das Herz der Seniorenvertretung Köln schlägt in den Bezirken, dort sind wir gewählt, dort sind wir nah an den Problemen der Menschen und dort versuchen wir zu helfen. Eigentlich müssten die 9 Sprecherinnen und Sprecher der Bezirke hier statt meiner stehen, denn sie leisten die eigentliche Arbeit und sollten die Seniorenvertretung Köln auch auf den verschiedenen Ebenen im Land und Bund repräsentieren.

Ich will Köln nicht als Modell für andere Städte und Gemeinden anpreisen, doch möchte ich auf eins hinweisen, eine demokratisch legitimierte, direkte gewählte Seniorenvertretung kann mit einem anderen Selbstbewusstsein gegenüber Rat und Verwaltung auftreten, als ein Seniorenverein oder ein Seniorenausschuss. Hier sollte der Landesgesetzgeber überlegen, ob er die Strukturen in unserem Land nicht vereinheitlicht und das Modell Köln auf Stadt und Land überträgt und in der Gemeindeordnung verankert. Dieses wäre ein aktiver Beitrag zu einer lebendigen Seniorenpolitik und würde auch der Landessenioren-vertretung eine größere demokratische Legitimität geben.

Meine Damen und Herren, Seniorenpolitik ist mehr als Sozialpolitik und wir als Vertreter und Vertreterinnen sind nicht der verlängerte Arm der Sozialämter oder des Sozialministeriums in Düsseldorf. Wir müssen uns den aktuellen Themen unserer Wählerinnen und Wähler, die wir in Köln in unseren Veedeln täglich treffen, stellen. Die Bandbreite geht vom Kampf um die Oberhoheit auf der Straße: wer setzt sich durch, der Fußgänger, der Fahrradfahrer oder Autofahrer, bis zur Barrierefreiheit bei den Zugängen für den öffentlichen Nahverkehr. Sie geht von der Unterstützung der in Köln sehr aktiven Senioren-netzwerke bis zur Beteiligung an öffentlichen Veranstaltungen, wie den Gesundheitstagen und dem Tag des guten Lebens. Wir müssen uns aber auch um Fragen der Pflege im Alter kümmern, sei es ambulant oder stationär. Wir müssen täglich zuhören und lernen, was nicht läuft und Vorschläge aufnehmen, wo, was besser gemacht werden kann.

Meine Damen und Herren, die heranwachsende neue Generation der Seniorinnen und Senioren wird neue, andere Themen aufgreifen als die ältere Generation. Sie wird sich auch neuen und anderen Herausforderungen zu stellen haben. Ich nenne hier nur die Stichworte: Digitalisierung, neue Mobilitätskonzepte, Automatisierung. Sie wird – wie hoffentlich viele von ihnen – länger mobil sein und bleiben, reisen, kulturelle Angebote nutzen, ihre Kenntnisse anbieten, z.B. im Ausland und Inland über den Senior Expert Service, aber auch ihre Enkelkinder betreuen.

Und hier wird die Brücke geschlagen zwischen der älteren Generation und den jungen Menschen, insbesondere den jungen Eltern. Wir klagen alle über die gleichen kaputten Straßen, die gleiche fehlende Barrierefreiheit, die gleichen komplizierten Tarife im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, die gleiche fehlende Anbindung mancher Orte an den öffentlichen Regionalverkehr und andere Themen mehr. Lassen Sie uns diese Themen gemeinsam angehen und Politik und Verwaltung fordern, für Verbesserungen einzutreten. Lassen Sie uns generationenübergreifend Brücken bauen, jeder aus seinem Blickwinkel.

Meine Damen und Herren, in einem Grußwort an dieser Stelle darf aber auch nicht der Hinweis fehlen, dass wir vor sehr großen Herausforderungen stehen, vor allem wenn wir daran denken, dass die jetzt heranwachsende Seniorengeneration vor großen finanziellen Problemen stehen wird. Wir dürfen das Thema Altersarmut nicht wegschweigen. Im Übrigen ist Altersarmut in vielen Fällen Frauenarmut. Es kann nicht angehen, dass wir auf eine Situation zulaufen, in der die Mehrheit der Menschen, die auf einen Heimpflegeplatz angewiesen ist, staatliche Zuwendungen benötigen, damit der Platz bezahlt werden kann.

Wenn ich mir vorstelle, dass eine Hotelunterkunft mit Domblick in einem 4 Sterne-Hotel günstiger ist, als die Unterkunft in einem Pflegeheim, dann stellt sich mir die Frage, was stimmt hier nicht. Es kann nicht weiter angehen, dass wir Verrichtungen am Menschen entlohnen, Leistungen für den Menschen aber nicht. Der alte pflegebedürftige Mensch, ob stationär oder ambulant, wird zur Abrechnungsmaschine. Der Mensch steht hintenan. Lassen Sie uns die Denkbarrieren aus dem Kopf nehmen und das System noch einmal grundsätzlich überdenken, das wir geschaffen haben. Politik nach Kassenlage greift hier zu kurz.

Hier ist der Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene gefordert. Ehe man mit legislativen und administrativen Schnellschüssen versucht Korrekturen im System anzubringen, sollte man lieber die Frage, stellen, ob das System, das wir im Augenblick schaffen bzw. geschafft haben, wirklich richtig und so gewollt ist. Auch die heutigen Entscheidungsträger werden einmal alt und könnten auf ihr eigenes Werk angewiesen sein. Wollen sie das wirklich?

Meine Damen und Herren, die Seniorenvertreterinnen und Seniorenvertreter müssen selbstbewusst auftreten und ihre Stimme zu Gehör bringen. Wir sollten uns nicht im bürokratischen Klein-Klein verkämpfen und das Setzen eines Kommas in einer Rats- oder Gesetzesvorlage als Erfolg verkaufen. Wir sollten uns grundsätzlichen Themen widmen, kritisch das Handeln der verschiedenen Gremien und der Verwaltung begleiten, mit Rat und auch mit Lob, wo es angebracht ist. Aber immer mit Selbstbewusstsein.

In diesem Sinne wünsche ich der Veranstaltung ein gutes Gelingen und eine erfolgreiche Arbeit.

Herzlichen Dank und willkommen in Köln